Gibt es das Christkind?

Die 8jährige Virginia aus New York schrieb der amerikanischen Tageszeitung „Sun“ folgenden Brief:

„Ich bin acht Jahre. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt kein Christkind.
Papa sagt, was in der „Sun“ steht, ist wahr. Bitte sagen Sie mir: Gibt es ein Christkind?“

Chefredakteur Francis Church antwortete auf der Titelseite seines Blattes:

„Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht: Sie glauben nur, was sie sehen. Sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschen Geist ist klein: ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt.
Solcher Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganze Welt zu erfassen und zu begreifen. Ja, Virginia, es gibt ein Christkind. Es gibt es so gewiss, wie die Liebe und Großherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein.
Wie dunkel wäre die Welt, wenn es kein Christkind gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie – gar nichts, was das Leben erst erträglich macht. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, das die Welt ausstrahlt, müsste verlöschen.
Es gibt ein Christkind. Sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, das Christkind zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme es zu Gesicht – was würde das beweisen? Kein Mensch sieht es einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. […] All die Wunder zu denken – geschweige denn, sie zu suchen – das vermag nicht der Klügste auf der Welt.
Was Du auch siehst: Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach und nach die schönsten Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube, Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein.
Ist das denn auch wahr, kannst Du fragen: Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger. Das Christkind lebt, und ewig wird es leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird es da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen.

Frohe Weihnacht, Virginia!

Dein Francis P. Church“

Diese Korrespondenz zwischen Virginia und Francis P. Church stammt aus dem Jahre 1897. Bis zur Einstellung der „Sun“ im Jahre 1950 wurde dieser Briefwechsel jährlich zu Weihnachten auf der Titelseite der Zeitung platziert.

Unsympathische und mir lästige Menschen liebgewinnen?????

Foto: Pixabay

Jesus fordert mich im Evangelium heraus….

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde… (Mt 5,44):

         Vielleicht habe ich keine „Feinde“, aber unsympathische         Menschen, die ich kenne. Hier einige hilfreiche Tipps:

Ø Die Menschen mit den „Augen Gottes“ sehen:

Jeder Mensch ist tief drinnen eigentlich ganz gut, weil sie/er von Gott geschaffen ist und von IHM ebenso geliebt wird, wie ER mich liebt.

Ø „Im Blick auf die eigenen Schlagseiten und Schwächen barmherziger werden“:

Auch ich bin nicht vollkommen – und das darf auch so sein. Nur es kann mich milder und toleranter gegenüber anderen machen.

Ø Und ganz ehrlich gesagt….:

Macht es nicht auch mein eigenes Leben einfacher und leichter, wenn ich mir unsympathische Menschen lieb gewinnen kann?

Ø „Mich daran erinnern, dass Jesus auf der Seite der `Geringsten´ steht (Mt 25,45):

Auch ich werde einmal von Gott gefragt werden, wie ich mit jenen Menschen umgegangen bin, die ich unsympathisch, lästig und mir nicht wohl gesinnt erlebt habe, also die „Geringsten“ waren.

Ø „Denn er lässt die Sonne aufgehen über gerechte und ungerechte – (vgl. Mt 5,45)“:

Ich kann mir Gottes barmherzigen Blick zu eigen machen, der mit meinen Schwächen, Fehlern und Macken ebenso Nachsicht hat wie mit den Eigenheiten und Schrägheiten derer, die mir unsympathisch sind.

Quelle: Spiritualität der Erzdiözese Wien

 

HERZ-JESU: HERZFEUER UND RUHEORT

Bild: Diözese Linz

Den einen kann das Herz-Jesu-Fest nicht kitschig und gefühlsbetont genug sein, die anderen lehnen ein „blutrünstiges“ Herz und die damit verbundenen rührseligen Vorstellungen und Frömmigkeitsweisen der Herz-Jesu-Verehrung ab. Es geht aber auch anders… nämlich auch biblisch:

Als Jesus 1675 der Nonne Margaretha Maria Alacoque in einer Vision erschien, forderte er die Einführung eines eigenen Festes zur Verehrung seines heiligsten Herzens. Etwas trocken heißt es dagegen im Schott-Messbuch zu diesem Fest: „Das Herz-Jesu-Fest ist im Grund kein besonderes, kein abgesondertes Fest; wir feiern es Tag um Tag, immer wenn wir der Einladung Jesu folgen: „Kommt alle zu mir.“ Hier wird somit auf die Bibel geblickt, wo es heißt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“ (Matthäus 11,28f: Evangelium des Festes Lesejahr A).

Interessant ist aber, dass es im Johannesevangelium nicht um das durchbohrte Herz Jesu, sondern vielmehr um die Seitenwunde Jesu geht: „Als sie [die Soldaten] aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus.“ (Johannes 19,33f) An dieser kurzen Beschreibung hat sich die Herz-Jesu-Verehrung entwickelt und zwar über die Verehrung der Wundmale und der Leidenswerkzeuge, zu denen die Lanze gehört.

In der Präfation zum Herz-Jesu-Fest betet die Kirche: „In Wahrheit ist es würdig und recht … Am Kreuz erhöht, hat er [Jesus Christus] sich für uns dahingegeben aus unendlicher Liebe und alle an sich gezogen. Aus seiner geöffneten Seite strömen Blut und Wasser, aus seinem durchbohrten Herzen entspringen die Sakramente der Kirche. Das Herz des Erlösers steht offen für alle, damit sie freudig schöpfen aus den Quellen des Heiles. Durch ihn …“

Die Präfation verbindet über die am Kreuz sichtbar gewordene Liebe Gottes zu den Menschen und das offene Herz in weitere biblische Zusammenhänge ein. Die Lesungen unseres Festes lassen diese biblische Theologie der Liebe Gottes in unterschiedlicher Weise zu Wort kommen:

    • Der Gott Israels hat sein Volk ins Herz geschlossen und weil er es liebt, befreite er es aus Ägypten. (Deuteronomium 7,7f – Lesejahr A)
    • Als Israel jung war, gewann Gott ihn liebt, mit Ketten der Liebe zog er sein Volk an sich (Hosea 11,1.4 – Lesejahr B)
    • Gott hat uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt. (1 Johannesbrief 4,10 – Lesejahr A)
    • In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollen die Christen dazu fähig sein, die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. (Epheser 3,17-19 – Lesejahr B)
    • Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. (Römer 5,5 – Lesejahr C)

Diese Liebe Gottes und seine Liebesgabe wird täglich durch das biblische Wort ausgerufen und in der Heiligen Messe gefeiert – nicht nur am Herz-Jesu-Fest oder am ersten Freitag im Monat, dem Herz-Jesu-Freitag. Wir sind durch das Herz-Jesu-Fest eingeladen, unser manchmal so hartes Herz am Herzen Jesu zu bilden und damit zu „Mitliebenden“ Gottes zu werden. So heißt es im Schlussgebet der Herz-Jesu-Messe: „Entzünde auch in uns das Feuer der Liebe, damit wir in unseren Brüdern ihn [Christus] erkennen und ihm dienen“.

Unmittelbar spürbar ist dieses Feuer z.B. bei Teilhard de Chardin: „Jetzt aber wird … sichtbar, dass Du, Jesus, durch die ‚Offenbarung‘ Deines Herzens unserer Liebe vor allem das Mittel geben wolltest, dem zu entkommen, was zu eng, allzu scharf umrissen, allzu begrenzt an dem Bild war, das wir uns von Dir machten. Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts anderes als einen Glutofen; und je mehr ich dieses brennende Feuer ansehe, um so mehr scheint es mir, dass überall um es herum die Umrisse Deines Leibes zerschmelzen, dass sie über alles Mass hinaus grösser werden, bis ich in Dir keine anderen Züge mehr erkenne als die Gestalt der entflammten Welt.“

 

Brüske, Gunda: Heiligstes Herz Jesu. – Herzfeuer und Ruheort. In: Liturgisches Institut der deutschsprachigen Schweiz. URL: http://liturgie.ch/liturgieportal/kirchenjahr/christusfeste/199-heiligstes-herz-jesuhttp://liturgie.ch/liturgieportal/kirchenjahr/christusfeste/199-heiligstes-herz-jesuhttp://liturgie.ch/liturgieportal/kirchenjahr/christusfeste/199-heiligstes-herz-jesu [Aufgerufen: 3.6.2021]

 

Die zehn Gebote der Gelassenheit nach Papst Johannes XXIII

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1. Leben

Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu erleben – ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.

2. Sorgfalt

Nur für heute werde ich größten Wert auf mein Auftreten legen und vornehm sein in meinem Verhalten: Ich werde niemanden kritisieren; ja ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern… nur mich selbst.

3. Glück

Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin … nicht nur für die andere, sondern auch für diese Welt.

4. Realismus

Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen.

5. Lesen

Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen. Wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.

6. Handeln

Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen – und ich werde es niemandem erzählen.

7. Überwinden

Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust habe. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.

8. Planen

Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und vor der Unentschlossenheit.

9. Mut

Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, und mich an allem freuen, was schön ist. Und ich werde an die Güte glauben.

10. Vertrauen

Nur für heute werde ich fest daran glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten – , dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt. –
Nimm dir nicht zu viel vor. Es genügt die friedliche, ruhige Suche nach dem Guten an jedem Tag zu jeder Stunde, und ohne Übertreibung und mit Geduld.

Papst Johannes XXIII.: Für das Glück geschaffen: Die zehn Regeln der Gelassenheit. St. Benno, Leipzig 2006

 

Der Schrei am Kreuz

Copyright: Lossen Foto GmbH; Udo Körner. Schrei und Wolke St. Raphaelskirche Heidelberg

Eine Wolke ist gut zu erkennen, wie sie als rostiger Draht über dem Kreuz schwebt. Der Schrei des Schmerzes und der Gottverlassenheit ist freilich nicht zu hören, aber zu spüren in dem stummen Riss, der durch das Kreuz und durch den Gekreuzigten geht.

Diese Kreuzcollage verhüllt und enthüllt zugleich das Geschehen am Kreuz. Etwas verfremdet wird auf den ersten Blick, was damals am Kreuz von Golgota geschah. Wir sehen kein Abbild, sondern ein Sinnbild!

Der gekreuzigte Jesus wird nicht dargestellt, sondern nur angedeutet mit den Stückchen aus Baumrinde, die den gemarterten Körper bilden.

Nicht das, was vordergründig damals für die Neugierigen und Gaffer zu sehen war, zeigt sich unserem Blick, sondern was sich „dahinter“ ereignet hat:

Das Unsagbare und Unsichtbare.

Das Geheimnis des Kreuzes,

welches zugleich ein Ärgernis ist.

Jeder*r die/ der dieses Altarbild betrachtet, soll tiefer und bis dorthin geführt werden, wo es gleichsam zu sprechen beginnt: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen“ (Joh 12, 32). Oder: „Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und ich werde ihn wieder verherrlichen“ (Joh 12, 28).

 

GOTTESERMÖGLICHER

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Nur eine liebende Seele bringt Gott in dieser Welt hervor. Dabei erschafft die Seele keineswegs Gott. Vielmehr erlaubt eine liebende Seele inmitten der Welt und des menschlichen Lebens Gottes wirksame Gegenwart.

Wer glaubt, erlaubt. Wer wirklich glaubt, erlaubt Gott, sich durch die menschliche Liebe der Welt zu zeigen.

Glauben ist daher kein Hauptwort, sondern vielmehr ein Tunwort (Verb).

Wer glaubt, pocht daher nicht auf Dogmen, beharrt nicht auf die eigene Wahrheit, sondern erlaubt der Wahrheit, dass sie sich ereignet.

Glauben heißt, ein „Gottesermöglicher“ / eine „Gottesermöglicherin“ zu sein und immer mehr zu werden.

Nach Martin Schleske, Geigenbauer in: Herztöne. Das kleine Buch.

 

 

 
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Heute ist ein Tag des Weglassens.
Kann ich es?
Ich probiere es einfach mal aus, etwas wegzulassen,
das ich für gewöhnlich tue.
Ich lasse eine Gewohnheit aus,
wie das Radiohören am Morgen
oder die tägliche Dusche
oder den Schuss Milch in den Kaffee.

Ich mache mir heute bewusst
etwas anders als sonst.
Der Tag des Weglassens
möchte mich sensibel machen für das, was geht.
Deshalb: Ich übertreibe es nicht!
Ich probiere es aus,
wie schwer oder leicht es mir auch fällt.
Was wird bewusster?
Was ist unersetzlich?
Was hat sich als Gewohnheit bei mir eingeschlichen,
könnte aber auch gut wegbleiben?
Nur an diesem Tag verzichte ich,
nur für diesen heutigen Tag
ist ein konkreter Schritt
einfacher zu leben.

nach einer Vorlage in: Sandherr-Klemp, Dorothee, Unterbrechung. Spiritueller Begleiter für Fastenzeit und Ostern, Kevelaer 2004, S.10

 

Fastenzeit – Quarantäne – Lockdown anders

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Im Lockdownverhalten sind wir inzwischen ganz schön geübt: die üblichen Verhaltensweisen werden minimiert und regelrecht „heruntergefahren“.

Alle monotheistischen Religionen empfehlen jährlich eine große Auszeit und verpflichten sie sogar: Schabat (Judentum), Fastenzeit (Christentum), Ramadan (Islam).

Das bis vor einem Jahr fast unbekannte Wort „Quarantäne“ kommt aus dem Lateinischen quadragesima und meint die 40 Tage der österlichen Bußzeit, der Fastenzeit, also die 40 Tage zwischen dem Aschermittwoch und Ostern.

In Zeiten, wo uns unsere Freiheit, unsere Selbstbestimmung und Beweglichkeit durch die Coronapandemie zum Teil genommen bzw. eingeschränkt werden, lädt uns die Fastenzeit ein, sich auf das Ziel und den Grund der christlichen Hoffnung zu besinnen.

Es geht nicht um moralische Anstrengung oder frommes Leistungsdenken bzw. ein fast schamloser Optimierungswille, denn wir können uns nicht selbst am eigenen Schopf auf dem Sumpf ziehen.

Drei menschliche Haltungen belasten und zerstören nach christlicher Überzeugung uns Menschen: der Tanz ums goldene ICH im Spiel und die Angst, im letzten doch ein Nichts zu sein.

Nichts belastet unser menschliches Zusammenleben so sehr wie das Bedürfnis nach Anerkennung.

Es gibt weiters auch das Gift der Selbstgefälligkeit und drittens hat menschliches Potenzgehabe vor allem im Verhältnis der Geschlechter vieles zerstört.

Die Fastenzeit als österliche Bußzeit als Chance nützen, mit Mut dieses Dreigestirn der Selbst- und Fremdschädigung ehrlich anzuschauen.

Die Fastentaten dazu lauten:

Gehorsam Gott gegenüber und Demut als Gegenmittel zur eigenen Selbstverherrlichung.

Armut und Solidarität als Gegenmittel zur Habgier.

Reinheit und schöpferische Liebe als Gegenmittel zum eigenen Potenzgehabe.

 

Das Rechte, das Wirkliche und die Tat

Nicht das Beliebige,

sondern das Rechte tun und wagen,

nicht im Möglichen schweben,

das Wirkliche tapfer ergreifen,

nicht in der Flucht der Gedanken,

allein in der Tat ist die Freiheit.

Quelle: Dietrich, Bonhoeffer,
Widerstand und Ergebung,
DBW Band 8, Seite 571

 

DU BIST SO JUNG WIE DEINE ZUVERSICHT

Du bist so jung wie Deine Zuversicht-

Jugend ist nicht ein Lebensabschnitt,
sie ist ein Geisteszustand.

Sie ist Schwung des Willens,
Regsamkeit der Phantasie, Stärke der Gefühle,
Sieg des Mutes über die Feigheit,
Triumph der Abenteuerlust über die Trägheit.

Niemand wird alt, weil er eine Anzahl Jahre
hinter sich gebracht hat. Man wird nur alt,
wenn man seinen Idealen Lebewohl sagt.
Mit den Jahren runzelt die Haut,
mit dem Verzicht auf Begeisterung
aber runzelt die Seele.

Sorgen, Zweifel, Mangel an Selbstvertrauen,
Angst und Hoffnungslosigkeit,
das sind die langen, langen Jahre,
die das Haupt zur Erde ziehen
und den aufrechten Geist in den Staub beugen.

Ob siebzig oder siebzehn,
im Herzen eines jeden Menschen wohnt
die Sehnsucht nach dem Wunderbaren,
das erhebende Staunen beim Anblick
der ewigen Sterne und der ewigen Gedanken
und Dinge, das furchtbare Wagnis,
die unersättliche kindliche Spannung,
was der nächste Tag wohl bringen möge,
die ausgelassene Freude und Lebenslust.

Du bist so jung wie Deine Zuversicht,
so alt wie Deine Zweifel,
so jung wie Deine Hoffnung,
so alt wie Deine Verzagtheit.
Solange die Botschaft der Schönheit,
Freude und Größe der Welt,
des Menschen und des Unendlichen,
Dein Herz erreichen, solange bist Du jung.

Erst wenn die Flügel nach unten hängen
und Dein Herz vom Schnee des Pessimismus
und vom Eis des Zynismus bedeckt ist,
dann erst bist Du wahrhaft alt geworden.

Albert Schweitzer

1875 – 1965

 

Die drei Siebe Sokrates

                                         Bild von Fathromi Ramdlon auf Pixabay

 

Ein Mann rannte auf Sokrates zu.

„Sokrates, Sokrates! Weißt Du, was ich gerade über einen Deiner Schüler gehört habe?“

„Warte einen Moment“, sagte der Philosoph. „Bevor Du mir davon erzählst, möchte ich, dass Du einen kleinen Test machst, den ich ‚die drei Siebe’ nenne.“

„Die drei Siebe?“

„Ja. Bevor Du aussprichst, was Du sagen willst, prüfe es. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast Du absolut sichergestellt, dass es wahr ist, was Du mir erzählen willst?“

„Äh, naja, nein … ich hab eigentlich nur davon gehört.“

„Gut. Du weißt also nicht, ob es wahr ist oder nicht. Lass uns zum zweiten Test kommen. Das Sieb der Güte. Ist, was Du mir über meinen Schüler erzählen willst, etwas Gutes?“

 

„Nein, im Gegenteil.“

„Aha, Du willst mir also etwas Schlechtes über meinen Schüler erzählen, obwohl Du nicht weißt, ob es wahr ist.“

Der Mann zuckte die Schultern. Er wirkte inzwischen etwas betreten.

Sokrates fuhr fort: „Vielleicht besteht das, was Du mir sagen willst, ja den dritten Test. Das Sieb der Nützlichkeit. Ist, was Du mir mitteilen möchtest, hilfreich für mich?“

„Also … nein, nicht wirklich.“

„Wenn es weder wahr ist, noch gut oder zumindest nützlich, warum solltest Du es mir dann überhaupt erzählen?“

Der Mann verstummte, er schämte sich und ging fort. Er hatte verstanden.

Wenn wir das nächste Mal etwas Unschönes über einen anderen sagen wollen, können wir uns zuerst fragen:

 

Ist es wahr?

Ist es gut?

Ist es nützlich?

 

Für ein gutes Miteinander…

Unruhestifter zurechtweisen,

Kleinmütige trösten,

Sich der Schwachen annehmen,

Gegner widerlegen,

Sich vor Nachstellern hüten,

Ungebildete lehren,

Träge wachrütteln,

Händelsucher zurückhalten,

Eingebildeten den rechten Platz anweisen,

Streitende besänftigen,

Unterdrückte befreien,

Gute ermutigen,

Böse ertragen,

Und – ach – alle lieben.

Aus einer Predigt des Hl. Augustinus (354 – 430), Kirchenlehrer,
Bischof von Hippo in Nordafrika, über seine Aufgaben
(Sermo 340, De ordinatione episcopi), in:

Hans Winkler, Egon Kapellari. Was kommt? Was bleibt?
Gespräche an einer Lebenswende,

Styria 2013, S. 7

 

 

Erntedank

Mit dem Erntedankfest – wo wir nicht nur für eine gute Ernte danken können, sondern auch für das Gelungene, Geleistete und Beschenkte in unserem Leben – bringen wir unseren vielfältigen Dank vor Gott.

Die Dankbarkeit macht uns reicher, schöpferischer, lebendiger. Für wie viel können wir im Alltag danken und uns darüber freuen! Schauen wir täglich auf den reich gedeckten Tisch der persönlichen Dankbarkeit.

Die Dankbarkeit kann eingeübt werden. Dazu finden Sie hier eine konkrete Anregung.

Du Gott der Anfänge

Du Gott der Anfänge,
segne uns,
wenn wir deinen Ruf hören,
wenn deine Stimme lockt
zu Aufbruch und Neubeginn.

Du Gott der Anfänge,
behüte uns,
wenn wir loslassen und Abschied nehmen,
wenn wir dankbar zurückschauen
auf das, was hinter uns liegt.

Du Gott der Anfänge,
lass dein Gesicht leuchten über uns,
wenn wir in Vertrauen und Zuversicht
einen neuen Schritt wagen
auf dem Weg unseres Glaubens.

Du Gott der Anfänge, schenke uns Frieden, wenn der eigene Weg uns aufwärts führt, wenn wir Lebewohl sagen. Lass die Blumen für jeden von uns blühen, lass Wind uns den Rücken stärken und die Sonne warm auf das Gesicht schauen, wo immer wir gehen.

Du Gott der Anfänge, segne uns.

Irischer Segensspruch